Birgit Tanners dreiteilige Dokumentarserie „Petra Kelly – Der rätselhafte Tod einer Friedensikone“ gehört zu den eindrucksvollsten politischen Dokus der letzten Jahre – nicht nur, weil sie das Schicksal einer der faszinierendsten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte nachzeichnet, sondern auch, weil sie die gesellschaftlichen Spannungen der Gegenwart im Spiegel der Vergangenheit sichtbar macht.
Eine Frau, die ihrer Zeit voraus war
Petra Kelly war weit mehr als nur Mitbegründerin der Grünen: Sie war eine leidenschaftliche Kämpferin für Frieden, Menschenrechte und Umwelt – und eine charismatische Visionärin, die politische Moral und Empathie über Machtkalkül stellte. Der Film zeigt diese Facetten in einer beeindruckenden Vielschichtigkeit: Als Idealistin, Strategin, aber auch als verletzliche Frau, die zwischen öffentlichem Engagement und privater Verzweiflung zerrieben wurde.
Tanner gelingt es, diese Ambivalenz mit feinem Gespür zu erfassen. Anhand von Archivaufnahmen, Briefen, Interviews und emotionalen Statements zeichnet sie ein dichtes Porträt, das nie in Heldenverehrung verfällt, sondern die widersprüchliche, hochkomplexe Persönlichkeit Kellys ernst nimmt.
Zeitgeschichte als True Crime
Der dramaturgische Kniff, Kellys Tod im Oktober 1992 als Ausgangspunkt zu nehmen, verleiht der Doku eine beklemmende Spannung. War es ein erweiterter Suizid? Welche Rolle spielte ihr Lebensgefährte, der ehemalige General Gert Bastian? Tanner behandelt diese Fragen nicht sensationsheischend, sondern mit journalistischer Präzision und psychologischem Tiefgang. Die Aussagen von Weggefährten wie Lukas Beckmann und Theo Waigel, aber auch von Familienmitgliedern wie Til und Eva Bastian, fügen sich zu einem komplexen Mosaik aus Nähe, Entfremdung und Tragik.
Die Einbindung aktueller Stimmen – etwa von Anton Hofreiter und Klimaaktivistin Carla Reemtsma – schlägt eine Brücke zur Gegenwart. Sie zeigen, wie Kellys Ideen heute, im Zeitalter der Klimakrise und geopolitischer Unsicherheiten, nichts an Relevanz verloren haben.
Ästhetik und Inszenierung
Visuell überzeugt die Serie durch eine klare, ruhige Bildsprache. Zeitdokumente, teils selten gezeigte Aufnahmen aus den 1980er Jahren, werden sensibel mit aktuellen Interviews verwoben. Die Musik unterstreicht die emotionale Tiefe der Erzählung, ohne sie zu überfrachten. Besonders gelungen ist die Balance zwischen analytischer Distanz und empathischer Nähe – ein Markenzeichen von Tanners dokumentarischem Stil.
Die Blu-ray-Veröffentlichung von One Gate Media
Die nun vorliegende Blu-ray-Erstveröffentlichung durch One Gate Media bietet die Serie erstmals in hervorragender Bild- und Tonqualität. Gerade die Archivaufnahmen profitieren sichtbar von der sauberen Restauration: Farben wirken natürlich, Details sind klarer erkennbar, und die ruhige Kameraführung entfaltet ihre ganze Wirkung. Der Ton liegt in klarem Stereo vor und ermöglicht eine präzise Verständlichkeit der zahlreichen Interviewpassagen.
Das Menü ist übersichtlich gestaltet, das Disc-Authoring solide – eine Veröffentlichung, die dem Anspruch der Produktion gerecht wird. So kommt die emotionale und historische Wucht dieser dreiteiligen True-Crime-Serie nun auch im Heimkino voll zur Geltung.
Fazit
„Petra Kelly – Der rätselhafte Tod einer Friedensikone“ ist weit mehr als eine Dokumentation über ein rätselhaftes Verbrechen. Es ist ein Porträt über Idealismus, politische Leidenschaft und das Scheitern an einer oft gnadenlosen Realität. Birgit Tanner gelingt eine kluge, tief berührende und hochaktuelle Analyse – ein Werk, das gleichermaßen aufrüttelt wie nachdenklich stimmt.
Die Blu-ray von One Gate Media macht dieses wichtige Stück Zeitgeschichte nun dauerhaft zugänglich – und erinnert daran, dass Petra Kellys Botschaft vom Frieden, der Menschlichkeit und der Verantwortung nie an Bedeutung verloren hat.