Mit „Südwest nach Sonora“ (Originaltitel: The Appaloosa) inszenierte Sidney J. Furie einen der interessantesten Spätwestern der 1960er Jahre – ein Film, der zwischen klassischer Rachegeschichte, psychologischem Drama und existenzialistischem Western pendelt. Im Zentrum steht Marlon Brando als wortkarger Einzelgänger Matt Fletcher – ein Mann, der von inneren Dämonen getrieben ist und doch nichts sehnlicher wünscht als Frieden.
Nach Jahren der Entbehrung kehrt Fletcher mit seinem prächtigen Hengst in seine Heimat zurück. Das Pferd – Symbol seiner Hoffnung und seines Neuanfangs – wird ihm jedoch vom skrupellosen Banditen Chuy Medina (intensiv gespielt von John Saxon) gestohlen. Was folgt, ist kein heroischer Rachefeldzug im klassischen Sinne, sondern ein düsterer Abstieg in die Spirale von Gewalt und Vergeltung.
Ein Western zwischen Tradition und Moderne
Sidney J. Furie, der später mit Ipcress – Streng geheim und Der stählerne Adler internationale Erfolge feiern sollte, wählt hier einen ungewöhnlich persönlichen Zugang zum Western. Die Kameraarbeit ist dynamisch, fast schon avantgardistisch – schräg komponierte Bilder, extreme Nahaufnahmen und ungewöhnliche Perspektiven verleihen dem Film eine visuelle Intensität, die ihrer Zeit weit voraus war.
Furie inszeniert das Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko als moralisches Niemandsland. Die staubige, glühende Landschaft spiegelt die seelische Leere der Figuren wider. Anders als in vielen Genrevertretern gibt es keine klare Trennung zwischen Gut und Böse – Brando spielt Fletcher mit einer stoischen Ambivalenz, die zwischen Mitleid und Gewaltbereitschaft schwankt.
Marlon Brando zeigt hier einmal mehr, warum er zu den faszinierendsten Schauspielern seiner Generation zählt. Mit minimaler Mimik, aber maximaler Präsenz verkörpert er einen Mann, der alles verloren hat – außer seinem Stolz. John Saxon ist als Chuy ein charismatischer Gegenspieler, der Brutalität mit Charme und Übermut paart. Das Aufeinandertreffen der beiden Männer ist weniger ein klassisches Duell, sondern eine Konfrontation zweier Lebensphilosophien.
Technische Umsetzung der Blu-ray von One Gate Media
Die neue Blu-ray von One Gate Media präsentiert den Film in beeindruckender Qualität. Das restaurierte Bild bietet kräftige Farben und ein hohes Maß an Detailschärfe, wodurch die weiten Landschaftsaufnahmen und die intensiven Gesichter besonders gut zur Geltung kommen. Das Cinemascope-Format entfaltet seine volle Wirkung – die staubige Weite, die Sonne und der Schweiß wirken fast greifbar.
Auch der Ton liegt in sehr guter Qualität vor: Die Dialoge sind klar verständlich, der markante Score von Frank Skinner (der auch Winchester ’73 und Bend of the River vertonte) klingt sauber und differenziert. Gerade in den stillen Momenten entfaltet die Tonspur ihre Kraft – wenn der Wind über die Prärie zieht und Brando schweigend auf seinem Pferd reitet.
Fazit
„Südwest nach Sonora“ ist weit mehr als ein konventioneller Western – es ist ein intensives, visuell starkes Charakterdrama über Verlust, Ehre und Vergeltung. Sidney J. Furie bricht mit den klassischen Mustern des Genres und lässt Raum für Nachdenklichkeit, Symbolik und Stilbewusstsein.
Die Blu-ray von One Gate Media bringt diesen zu Unrecht selten gezeigten Film in bestmöglicher Form auf den Bildschirm. Dank der hervorragenden Bildrestauration und der authentischen Tonqualität kommt der Western so kraftvoll und atmosphärisch daher wie seit seiner Kinopremiere nicht mehr.
Ein Muss für Westernfreunde und Brando-Enthusiasten gleichermaßen – kompromisslos, melancholisch und visuell brillant.