Planet B (2024) – Virtueller Alptraum mit politischer Wucht
Regie: Aude Léa Rapin | Mit: Souheila Yacoub, Eliane Umuhire | Vertrieb: Splendid Film | Laufzeit: ca. 101 Minuten | FSK 16
Mit Planet B bringt die französische Regisseurin Aude Léa Rapin einen dystopischen Sci-Fi-Thriller auf die Leinwand, der aktuelle politische Themen wie Ökoterrorismus, digitale Kontrolle und psychologische Manipulation zu einem ebenso verstörenden wie faszinierenden Zukunftsszenario verwebt. Der Film ist unbequem, bildgewaltig und mit einer eindringlichen Hauptdarstellerin besetzt – Souheila Yacoub brilliert als radikale Kämpferin im digitalen Exil.
Handlung: Widerstand im virtuellen Kerker
Im Jahr 2039 eskalieren weltweit die Proteste gegen die ökologische Zerstörung. Die Aktivistin Julia (Souheila Yacoub), eine charismatische Anführerin der Bewegung, wird während einer gewalttätigen Demonstration angeschossen – und verschwindet zusammen mit anderen Protestierenden spurlos. Als sie wieder erwacht, befindet sie sich nicht etwa im Krankenhaus, sondern in einem bizarren, surrealen Gefängnis: Planet B.
Dabei handelt es sich um eine digitale Parallelwelt, in die vermeintlich gefährliche Subjekte von Regierungen ausgelagert werden – eine perfide Mischung aus Simulation, Bewusstseinsfalle und psychologischer Folter. Die Inhaftierten erleben Halluzinationen, werden mit ihren tiefsten Ängsten konfrontiert und verlieren zunehmend das Gefühl für Raum, Zeit und Identität. Realität und Simulation verschwimmen.
Gleichzeitig folgt der Film der Journalistin Nour (Eliane Umuhire), die als Einzige dem Geheimnis von Planet B auf der Spur ist. Ihre Recherchen führen sie immer tiefer in ein Netz aus staatlicher Vertuschung, Tech-Konzernen und ethischer Ambivalenz.
Charakterprofil: Julia – Kämpferin mit Schuld und Vision
Julia ist keine klassische Heldin. Als charismatische, aber radikale Anführerin einer ökologischen Widerstandsbewegung ist sie ebenso idealistisch wie kompromisslos. Getrieben von der Wut über die zerstörerische Untätigkeit der Politik, schreckt sie auch vor extremen Mitteln nicht zurück – ein Umstand, der ihr später im Film moralisch auf die Füße fällt.
In Planet B wird Julia mit den Schattenseiten ihres eigenen Fanatismus konfrontiert. Ihre tiefsten Ängste – Schuld, Kontrollverlust, die Entmenschlichung durch ihre Überzeugung – brechen in der digitalen Folterumgebung gnadenlos hervor. Souheila Yacoub verleiht ihr dabei eine körperliche Intensität, die den inneren Kampf jederzeit spürbar macht. Julia muss lernen, dass echter Widerstand nicht nur Mut, sondern auch Verantwortung und Zweifel verlangt.
Diese Entwicklung ist zentral für den Film: Die virtuelle Gefangenschaft wird zum psychologischen Spiegel – Julia kämpft nicht nur gegen ein System, sondern auch gegen sich selbst.
Atmosphäre & Inszenierung
Aude Léa Rapin inszeniert Planet B als visuelles wie emotionales Vexierspiel. Die Bildsprache ist geprägt von kalten, leuchtenden Farben, asynchronem Sounddesign und kammerspielartigen Sequenzen, die an Theater und Virtual-Reality-Ästhetik zugleich erinnern. Immer wieder brechen die Grenzen der Wahrnehmung auf – Räume verändern sich, Stimmen halluzinieren, Licht und Schatten werden zur Waffe.
Der Film ist kein klassischer Sci-Fi-Thriller, sondern ein psychologisches Konstrukt, das sein Publikum fordert. Wer klare Erklärungen sucht, wird möglicherweise frustriert – wer sich jedoch auf die Struktur einlässt, erlebt ein tiefgreifendes, kritisches Werk.
Die Blu-ray von Splendid Film
Technisch ist die Blu-ray von Splendid Film ein echtes Highlight. Die Bildqualität präsentiert sich in hervorragendem 2.39:1-Format, mit kristallklarer Schärfe und präzisem Kontrast – gerade die kaleidoskopartigen Effekte und albtraumhaften Sequenzen profitieren von der hochwertigen Umsetzung. Auch der Sound – sowohl auf Deutsch als auch im französischen Original (jeweils DTS-HD MA 5.1) – überzeugt durch seine dynamische Raumwirkung und klaustrophobische Klanginszenierung.
Die Synchronisation ist solide gelungen, wobei vor allem Souheila Yacoubs deutsche Stimme der Intensität ihrer Performance gerecht wird. Dennoch empfiehlt sich das Ansehen im Original, um die vielschichtigen Emotionen und Sprachmelodien vollständig zu erfassen.
Fazit: Politischer Sci-Fi mit Tiefgang
Planet B ist ein herausfordernder, mutiger Film, der relevante Themen wie digitale Überwachung, autoritäre Systeme und persönliche Freiheit mit einem packenden Sci-Fi-Konzept verbindet. Aude Léa Rapin gelingt ein visuell eindrucksvolles und atmosphärisch dichtes Werk, das nicht auf schnelle Action, sondern auf nachhaltigen Eindruck setzt – getragen von einer faszinierenden Hauptfigur, deren Wandel den Film trägt. Die Blu-ray bietet dafür das perfekte Medium – technisch stark und immersiv umgesetzt.