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Traumnovelle

Mit Traumnovelle wagt sich Regisseur Florian Frerichs an einen Stoff, der bereits durch Stanley Kubricks Eyes Wide Shut weltberühmt geworden ist – die gleichnamige Novelle von Arthur Schnitzler, ein vielschichtiges Werk über Begehren, Verdrängung und die dunklen Seiten der menschlichen Psyche. Frerichs' Verfilmung interpretiert die Geschichte eigenständig, stilistisch bewusst entschleunigt, dabei intensiv und von fast traumwandlerischer Bildsprache getragen. Die Neuveröffentlichung auf Blu-ray durch die Busch Media Group bringt den Film in stimmungsvoller Bildqualität mit zahlreichen Extras endlich ins Heimkino.

Handlung: Sinnliche Reise ins Unbewusste

Im Zentrum der Handlung steht der erfolgreiche Arzt Jacob (Nikolai Kinski), der durch ein intimes Geständnis seiner Frau Maria (Laurine Price) aus dem Gleichgewicht gerät. Maria erzählt, sie habe erotische Fantasien über einen anderen Mann gehabt – ein Bekenntnis, das Jacob tiefer erschüttert, als er selbst erwartet hätte. Angetrieben von Eifersucht, Lust und Unsicherheit begibt er sich auf eine nächtliche Odyssee durch die Straßen und Abgründe einer dekadenten, geheimnisvollen Welt. Was mit Neugier beginnt, wird bald zu einer gefährlichen Suche nach Selbsterkenntnis – mit ungeahnten Folgen.

Schauspieler: Starke Präsenz und leise Zwischentöne

Nikolai Kinski, Sohn des legendären Klaus Kinski, spielt Jacob mit einer Mischung aus innerer Zerrissenheit und unterdrückter Leidenschaft. Sein Spiel ist nuanciert, kontrolliert und dennoch durchzogen von tiefem innerem Konflikt. Kinski gelingt es, Jacobs Verlorenheit in einer erotisierten, surrealen Welt glaubhaft und mitunter beklemmend darzustellen.

Laurine Price als Maria bringt eine starke emotionale Tiefe in ihre Rolle. Sie verkörpert nicht nur das Objekt von Jacobs Begehren und Unsicherheit, sondern ist selbst eine komplexe, moderne Figur mit eigenem inneren Leben und Reiz.

Detlev Buck in einer markanten Nebenrolle überrascht mit charismatischer Ambivalenz. Sein Auftritt ist kurz, aber prägend – eine Figur irgendwo zwischen Verführer, Zyniker und dunklem Spiegelbild.

Stil und Regie: Traumartig, atmosphärisch, mutig

Florian Frerichs inszeniert Traumnovelle mit einer klaren Vision: Die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen zunehmend. Kameraführung, Licht und Sounddesign schaffen eine dichte, fast hypnotische Atmosphäre. Farben und Schatten sind sorgfältig komponiert – Erotik und Unbehagen liegen oft nah beieinander. Die filmische Sprache ist bewusst langsam, meditativ, dabei aber stets geladen mit Spannung.

Wer schnelle Schnitte oder plakative Erotik erwartet, wird enttäuscht – hier steht die psychologische Reise im Vordergrund. Frerichs bleibt Schnitzlers Ursprungstext erstaunlich treu, modernisiert aber durch seine Inszenierung und Bildsprache das emotionale Innenleben der Figuren spürbar.

Die Blu-ray der Busch Media Group: Hochwertig & reich an Extras

Die neue Blu-ray-Ausgabe überzeugt mit einem sehr klaren, kontrastreichen Bild und atmosphärischem Ton, was für einen Film dieser Art – visuell intensiv und dialoglastig – essenziell ist. Besonders erfreulich: Das Bonusmaterial ist umfangreich und bietet tiefe Einblicke in die Entstehung des Films.

Bonus-Inhalte:

Behind the Scenes: Spannende Blicke hinter Kamera und Kulissen, die den künstlerischen Prozess offenlegen.

Interviews: Mit Regisseur und Darstellern – aufschlussreich, besonders zu den Themen Rollenverständnis, Erotik und Psychologie.

Kurzfilme & Deleted Scenes: Eine reizvolle Ergänzung, die alternative Perspektiven auf Figuren und Motive eröffnet.

Wendecover: Für Sammler ein kleines, aber nettes Detail.

Fazit: Lohnenswerte Adaption mit Tiefgang

Traumnovelle ist kein einfacher Film – und das will er auch nicht sein. Florian Frerichs gelingt ein atmosphärisch dichter, psychologisch präziser Erotik-Thriller, der sich wohltuend von oberflächlichen Genrefilmen abhebt. Mit starken Darstellerleistungen, ästhetischer Klarheit und Mut zur Ambivalenz ist dieser Film ein echtes Erlebnis für Freund:innen anspruchsvoller, sinnlicher Kinokunst.

Wer Eyes Wide Shut mochte, aber neugierig auf eine europäischere, emotional zugänglichere Interpretation des Stoffes ist, sollte Traumnovelle definitiv eine Chance geben.