Nice Day for Fishing

„Nice Day for Fishing“ ist ein ungewöhnliches Rollenspiel für die PlayStation 5, das sich mit viel Witz und kreativer Mechanik vom gängigen Genre-Standard abhebt. Es basiert auf der beliebten YouTube-Serie Epic NPC Man und schlüpft tief in die Rolle eines scheinbar gewöhnlichen Fischers in einer Welt voller typischer Rollenspielklischees – mit dem entscheidenden Twist: Nichts ist so banal, wie es anfangs scheint.

Im Mittelpunkt des Spiels steht Baelin, ein freundlicher, fast schon naiv wirkender NPC, dessen einziger Wunsch es ist, einen friedlichen Tag mit Angeln zu verbringen. Doch während er seiner täglichen Routine folgt, verstrickt er sich widerwillig in ein Abenteuer, das weitaus größere Ausmaße annimmt, als er – oder der Spieler – je vermutet hätten. Was als ruhige Angelrunde beginnt, entwickelt sich zu einer Reise voller schräger Begegnungen, magischer Fabelwesen und satirischer Seitenhiebe auf gängige Rollenspielkonventionen.

Spielerisch kombiniert Nice Day for Fishing Elemente klassischer Top-Down-RPGs mit einem komplett eigenen Ansatz für Kämpfe: Statt mit Schwert und Magie gegen Monster zu bestehen, werden Gegner buchstäblich "weggeangelt". Diese Angelduelle sind überraschend dynamisch und setzen auf ein interessantes Minispiel-System, das Timing, Reaktion und strategisches Ressourcenmanagement erfordert. Fische und andere Kreaturen – manche grotesk, manche absurd – leisten Widerstand und müssen mit gezieltem Einsatz von Spezialfähigkeiten und magischen Ködern bezwungen werden.

Was das Spiel besonders macht, ist sein bewusst skurriler Humor. Die Entwickler verstehen es, mit den Erwartungen der Spieler zu spielen: NPCs verhalten sich seltsam, Dialoge brechen oft die vierte Wand, und Quests nehmen gern unerwartete Wendungen. Dabei wird das Spiel nie albern um des Albernseins willen – der Humor ist durchdacht, gut geschrieben und lebt von einem liebevollen Umgang mit typischen Tropen des Rollenspiel-Genres.

Auch technisch zeigt sich Nice Day for Fishing durchdacht. Die 2D-Grafik im charmanten Pixelstil ist bewusst retro, aber keineswegs veraltet. Charaktere und Umgebungen sind detailreich und stilistisch einheitlich gestaltet, während kleine Animationen den Figuren Leben einhauchen. Besonders hervorzuheben ist die Atmosphäre, die durch eine passende musikalische Untermalung und abwechslungsreiche Szenerien getragen wird – vom friedlichen Dorf über geheimnisvolle Wälder bis hin zu surrealen, beinahe träumerischen Zwischenwelten.

Spielerisch bleibt das Abenteuer über weite Strecken motivierend. Neue Fähigkeiten, besondere Köder und Ausrüstungen erweitern die Möglichkeiten stetig, sodass sich das Spiel trotz des eher ruhigen Grundtons nicht eintönig anfühlt. Dennoch: Die Struktur der Quests ist gelegentlich repetitiv, und wer auf lineare Progression oder starke Story-Twists hofft, könnte enttäuscht sein. Auch das gezielte Backtracking – etwa zum erneuten Durchqueren bekannter Gebiete – kann gelegentlich den Spielfluss bremsen. Diese kleinen Schwächen werden aber durch den eigenwilligen Charme, die originellen Ideen und die durchgehend liebevolle Umsetzung mehr als aufgewogen.

Nice Day for Fishing ist nicht das typische RPG – und will es auch gar nicht sein. Es ist ein bewusst entschleunigtes, augenzwinkerndes Abenteuer, das mit seinen kreativen Mechaniken und der parodistischen Erzählweise gezielt eine Nische bedient. Fans der zugrunde liegenden YouTube-Serie kommen voll auf ihre Kosten, doch auch ohne Vorkenntnisse lässt sich das Spiel genießen – vorausgesetzt, man bringt Sinn für Humor und Offenheit für ein etwas anderes Rollenspiel mit.