Das zweite Attentat
Mit Das zweite Attentat ist Regisseur Philipp Osthus ein ebenso vielschichtiger wie packender Politthriller gelungen, der weit über den klassischen Genre-Rahmen hinausgeht. Die sechsteilige Serie (nun erschienen auf DVD bei One Gate Media) verwebt reale geopolitische Ereignisse – insbesondere die US-Invasion im Irak 2003 – mit einer zutiefst persönlichen Familiengeschichte, die unter die Haut geht.
Handlung & Spannung
Im Zentrum steht Alexander Jaromin (Noah Saavedra), ein Mann Anfang dreißig, der im Athener Zeugenschutz lebt. Seine Familie wurde vor 20 Jahren durch ein Attentat in Deutschland zerschlagen – Vater und Schwester starben, er selbst überlebte mit seiner Mutter. Als diese stirbt, reißt das fragile Konstrukt seines bisherigen Lebens ein – Alex beginnt, Fragen zu stellen. Die Suche nach der Wahrheit führt ihn zurück in die Vergangenheit, zu geopolitischen Netzwerken und persönlichen Abgründen. Bald wird klar: Das Attentat war kein isoliertes Verbrechen, sondern Teil eines politischen Komplotts.
Der Thriller entfaltet sich als spannungsgeladene Odyssee durch Athen, Berlin und dunkle Aktenkammern. Die Serie hält das Tempo hoch, ohne sich in Action zu verlieren – sie setzt vielmehr auf psychologische Spannung, atmosphärische Dichte und moralische Grauzonen.
Charaktere im Überblick
Alexander Jaromin (Noah Saavedra)
Ein gebrochener, aber entschlossener Mann, der lernen muss, sich seiner Vergangenheit zu stellen. Saavedra verleiht ihm eine intensive Verletzlichkeit, ohne je in Pathos zu verfallen. Seine Reise ist emotional wie physisch ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen die Lügen, die ihn jahrzehntelang umgaben.
Nina Reichelt (Deleila Piasko)
Eine investigative Journalistin mit Prinzipien – klug, misstrauisch, aber auch empathisch. Sie begegnet Alex zunächst skeptisch, erkennt aber bald das Ausmaß des Falles. Ihre Beziehung zu ihm bleibt angenehm ambivalent und dient als moralischer Anker der Serie.
Julian von Arendt (Jakob Diehl)
Ein Geheimdienstmann alter Schule – undurchschaubar, kontrolliert, ein Mann mit Verbindungen, die weit zurückreichen. Diehl spielt ihn mit einer gefährlichen Ruhe, die nie verrät, ob er Freund oder Feind ist.
Elisabeth Jaromin (Desirée Nosbusch)
Alex’ verstorbene Mutter – nur in Rückblenden zu sehen, doch ihre Figur wirkt durch die gesamte Serie hindurch. Nosbusch gelingt es, eine Frau zu zeigen, die alles opferte, um ihren Sohn zu schützen – und doch selbst von dunklen Entscheidungen gezeichnet wurde.
Diese Charaktere tragen maßgeblich zur atmosphärischen Dichte der Serie bei. Sie sind keine Klischees, sondern Menschen mit Widersprüchen, Biografien und innerem Konflikt.
Visuelle Umsetzung & Sound
Inszenatorisch arbeitet Osthus mit starker Bildsprache. Die Szenen in Athen wirken sonnenverbrannt, aber nie romantisiert – der Alltag im Zeugenschutz ist trist, isolierend, beklemmend. Rückblenden nach Deutschland sind stilistisch abgesetzt, kühl, formalisiert. Die Musik ist zurückhaltend, fast unheimlich – sie unterstreicht die Stimmung, ohne sie zu diktieren.
DVD-Veröffentlichung von One Gate Media
Die DVD von One Gate Media überzeugt mit hervorragender technischer Qualität. Bild und Ton sind gestochen scharf, das Menü ist klar strukturiert. Besonders gelungen ist die kapitelweise Navigation, die gezieltes Wiedereinsteigen ermöglicht – ideal für eine Serie mit dieser Komplexität und emotionaler Tiefe.
Fazit
Das zweite Attentat ist mehr als nur ein Thriller. Es ist ein politisches Drama über verlorene Unschuld, verschleierte Verantwortung und den langen Schatten von Krieg und Lüge. Dank starker Darsteller*innen, intensiver Inszenierung und einer tiefgründigen Story wird die Serie zu einem der stärksten deutschsprachigen Fernsehformate der letzten Jahre.
