SM Richter (Originaltitel SM Rechter) ist ein belgisches Drama, das nicht nur eine wahre Begebenheit erzählt, sondern auch mutig Themen berührt, die sonst gern tabusiert oder verfälscht dargestellt werden: Depression, Sexualität jenseits der Norm, persönlicher Ausdruck von Schmerz und Lust – und die Grenzen zwischen privatem Leben und öffentlicher Moral.
Der Film beginnt dort, wo andere Liebesgeschichten enden: nach vielen Ehejahren, in einer Krise. Magda leidet unter schweren Depressionen, ist emotional unerreichbar geworden und bricht schließlich zusammen. Als sie sich ihrem Mann Koen endlich öffnet, bricht nicht nur ein Geheimnis auf, sondern ein komplett neuer Weg für beide – ein Weg, der für Magda Befreiung bedeutet, für Koen zunächst Überforderung und für die Außenwelt ein Skandal.
Was der Film daran bemerkenswert zeigt: Nicht Dominanz oder Schmerz stehen im Zentrum, sondern Vertrauen. Die Figuren versuchen, sich gegenseitig wiederzuentdecken – nicht durch Worte, sondern durch einvernehmliche Machtspiele, die Magda stabilisieren und ihrem Leben erstmals wieder ein Gefühl von Selbstbestimmung geben. Doch der Privatkreis bricht zusammen, als ihr Sexualleben öffentlich wird und die Justiz Koen wegen „Gewalt“ anklagt, obwohl beide Seiten bezeugen, dass alles freiwillig war. Aus einem intimen Ehekonflikt wird ein Gerichts- und Medienfall – und ein zutiefst politisches Drama.
Schauspiel & Inszenierung
Die beiden Hauptdarsteller tragen den Film mit einer emotional zurückhaltenden, aber sehr authentischen Darstellung. Besonders gelungen ist, dass die Figuren niemals in Klischees abrutschen – nicht in die dominierende Männerfigur, nicht in die leidende Ehefrau. Stattdessen entsteht ein sensibles Bild zweier Menschen, die versuchen, eine Ehe zu retten, indem sie das Risiko radikaler Ehrlichkeit eingehen.
Die Kamera bleibt stets respektvoll und beobachtend. Die gezeigten Szenen im SM-Kontext sind nicht reißerisch inszeniert, sondern wirken fast dokumentarisch – was dem Film einen erstaunlich nüchternen, zugleich berührenden Ton verleiht. Der Fokus liegt nicht auf Körpern, sondern auf inneren Prozessen: Scham, Erleichterung, Angst, Hoffnung.
Themen & Wirkung
SM Richter ist kein Erotikfilm, sondern ein Beziehungs- und Gesellschaftsdrama mit deutlicher Haltung: Es kritisiert die moralische Anmaßung eines Staates, der intime sexuelle Übereinkünfte kriminalisiert, solange sie nicht in gängige Normen passen. Der Film fordert Verständnis statt Sensationslust, Differenzierung statt Empörung.
Gleichzeitig zeigt er, dass auch eine Liebesbeziehung nicht automatisch vor Machtungleichgewichten geschützt ist, sondern ständige Kommunikation und Aushandlung braucht. Seine stärkste Botschaft bleibt allerdings: Einvernehmliche Sexualität ist Privatsache, unabhängig davon, wie unverständlich sie Außenstehenden erscheint.
Die DVD von WTP International
Die deutsche DVD-Auswertung bietet den Film ungekürzt und in guter Bild- und Tonqualität. Die Veröffentlichung enthält zusätzliches Begleitmaterial, das die Hintergründe der realen Geschichte beleuchtet – Interviews, Hintergrundinformationen und Pressetexte, die das Verständnis des Films vertiefen. Gerade bei einem Stoff, der auf wahren Ereignissen basiert, ist diese Kontextualisierung ein großer Mehrwert.
Was fehlt, ist ein Audiokommentar oder ein Making-of, das den Entstehungsprozess filmisch begleitet – das wäre insbesondere deshalb spannend gewesen, weil der Regisseur intensiv mit den realen Personen gesprochen und über Monate in SM-Studios recherchiert hat.
Fazit
Ein mutiger, stiller, emotional intelligenter Film, der weit weniger über BDSM erzählt als über Vertrauen, gesellschaftliche Machtstrukturen und die Zerbrechlichkeit sozialer Identität. Wer einen provokativen oder voyeuristischen Film erwartet, wird enttäuscht sein – wer sich auf ein sensibles psychologisches Drama einlässt, wird fündig.